Der Flughafen von Dubai hält weltweit einige Rekorde. Der für den schnellsten Sprint von einem Terminal zum anderen geht aber eindeutig an mich. Wegen eines Sandsturms hatte sich die Landung um 2 Stunden verzögert. So blieben mir genau 15 Minuten, um meinen Anschlussflug nach Indien zu erwischen. Wer schon mal auf dem Flughafen in Dubai war, weiß, dass es mit einem 100-m-Sprint unter 10 Sekunden zu vergleichen ist. Und da leider nicht Usain Bolt das Verladen meines Koffers übernahm, ist er irgendwo im Sandsturm verloren gegangen. Hätte ich gewusst, dass ich bei der indischen Gastfreundlichkeit sowieso nichts außer meiner guten Laune benötige, wäre ich ganz ohne Gepäck gestartet.
Eingeladen zum „Seven Bean Trail“ hatte mich die Koryphäe des indischen Kaffees: Sunalini Mannen. Bei diesem Wettbewerb besuchten wir zuerst die besten Produzenten des Landes auf ihren Farmen und im Anschluss bewerteten wir als internationale Juroren ihre Kaffees.
Eine Farm stach schon während der Tour besonders hervor. Bereits auf den ersten Blick war mir klar, warum die damals in Coorg lebende Königsfamilie diese Region zu ihrem Lieblingsort erklärte. Wegen ihrer Schönheit gaben sie diesem Ort einen neuen Namen: Papakuchi.
Hier, am süd-östlichen Rand Indiens, lebt Pavan Nanjappa mit seiner Frau Shilpa und ihrer gemeinsamen Tochter Aanya. Schon in dritter Generation baut er hier Kaffee an. Aus Respekt vor der Geschichte dieses Ortes taufte er seinen Kaffee Papakuchi und füllt ihn so Jahrzehnte später mit neuem Leben.
Das Thema Respekt wird hier in allen Bereichen groß geschrieben. Durch eine lange Zusammenarbeit mit seinem Vater lernte er, wie wichtig der Einklang zwischen Mensch und Natur ist. So wirkt seine 1200m hohe Farm teilweise wie ein unberührter Urwald. Über 40 verschiedene Dschungelbäume spenden wertvollen Schatten für die Kaffeekirschen. Es wächst überall schwarzer Pfeffer, der weltweit als Spezialität gilt. Buttrige Avocados hängen neben saftigen Orangen. In der Luft liegt ein würziger Geruch von Kardamom und um uns herum fliegen paradiesische Vögel und Bienen aus Pavans eigenem Bienenstock. Diese Aromen finden sich auch in der gebrühten Tasse Kaffee wieder. Wir finden, Pavans Arabica-Bohnen schmecken nach Süßholz, Orange und Ahornsirup.
Wenn es ab November an die Kaffeeernte geht, dann arbeitet Pavan immer mit den gleichen Helfern zusammen. Aus diesem Grund sind sie heute bestens ausgebildet. Auch mit ihnen geht er sehr respektvoll um. Ein fairer Lohn ist da selbstverständlich. Darüber hinaus erhalten sie alle kostenlose Bildung und medizinische Versorgung. Der Strom in ihren Unterkünften kommt von einer eigenen Solaranlage und sogar das Regenwasser wird aufbereitet und genutzt.
Diese Fürsorge geben die Erntehelfer an den Kaffee weiter. Per Hand werden nur die wirklich reifen Kirschen gepflückt und zwar so, dass die Pflanzen nicht verletzt werden und im nächsten Jahr wieder reichlich Kirschen wachsen können. Im nächsten Schritt werden die Kaffeekirschen zur Wet Mill gebracht. Hier werden zuerst Äste und Steine entfernt. Im Anschluss werden die überreifen Kirschen in einem Wasserkanal aussortiert. Durch die Bildung von Gasen im Inneren der Frucht schwimmen sie an der Oberfläche und können abgeschöpft werden. Nachdem noch die grünen, unreifen Früchte aussortiert wurden, laufen die Kirschen durch den Pulper. Mittels Walze werden die Haut und das Fruchtfleisch entfernt. Im letzten Schritt des Erntetages wird der geschälte Kaffee in Wasserbecken geleitet und über Nacht fermentiert. Am nächsten Morgen, wenn sich die Kaffeebohnen im Wasser rau anfühlen, so wie aneinander geriebene Steine, und das Wasser sämtliche Reste des Fruchtfleisches aufgenommen hat, wird der Kaffee erneut gewaschen.
Danach wird er auf großen Betonflächen innerhalb von 5 bis 6 Tagen unter der Sonne getrocknet. Hierbei werden die Bohnen mehrmals am Tag gewendet und während der Mittagssonne zum Schutz abgedeckt. Sobald eine Restfeuchtigkeit von 11 bis 12% erreicht ist, wird er in Säcke verladen und für 6 Wochen eingelagert. Nach dieser Ruhephase wird in der Dry Mill die Pergamenthaut von den Bohnen geschält und Defekte werden aussortiert. Im letzten Schritt wird unser elbgold-Logo auf die Säcke gedruckt und der fertige Kaffee darin abgefüllt.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als die Säcke auf dem Weg zum Containerhafen waren und ich wieder mal versuchte, meinen Flieger zu erwischen, tauchte mein verlorener Koffer auf. Gerade rechtzeitig zum Check-In.